Verfasst von: Sylvia Braun | 3. Juni 2009

Stellungnahme zum Bebauungsplan-Vorentwurf „Biogasanlage Roßdorf“

von Daniela Wißner

Bedenken wegen erheblicher Beeinträchtigungen durch die Standortwahl

 

Wir haben grundsätzliche Bedenken gegen den Planentwurf sowie Bedenken im Detail: 

1. Fehlende Standortsuche (Variantenuntersuchung)

Statt der im FNP-Verfahren durchzuführenden Standortsuche wird hier auf den noch nicht rechtskräftigen Regionalplan gesetzt. M. E. führt dies zu Konflikten mit dem BauGB (Erfassungs- und Abwägungspflicht) und der Eingriffsregelung gemäß BNatSchG bzw. LG (Vermeidungs- und Minimierungsgebot). Die Standortwahl erfolgte ohne weitere Untersuchung von Standortvarianten. Somit scheint die Stadt bereit zu sein, auf Kosten einer breiten Palette öffentlicher Belange und Anforderungen einer von der privaten Antragstellerin getroffenen Standortwahl zu folgen. Dabei vernachlässigt die Stadt ihre Schutzaufgaben zu Gunsten des Allgemeinwohls aus den Bereichen Naherholung, Landschaftsbild, Verkehrs-gefährdung und –belästigung sowie Naturschutz, deren Beeinträchtigung den eher privatwirtschaftlichen Nutzen der geplanten Anlage deutlich überwiegt – zumindest an diesem Standort. 

2. Landschaftsbild
2.1 Biogasanlage

Die Massivität der industrieanlagenartigen Bestandteile der Gasanlage lässt sich über eine Wallbepflanzung nicht harmonisch in das Landschaftsbild einfügen. Hier muss eine großräumige Landschaftsbildanalyse erfolgen.

2.2 Maisanbau
Hier besteht die Gefahr, dass durch Maismonokulturen das Landschaftsbild weiträumig zerstört wird. Siehe auch Punkt 5 zur Erosionsgefahr.

3. Verkehr
3.1 Grobabschätzung der Verkehrszunahme in der Gemarkung Roßdorf
Anlagen-Input: ca. 40.000 to/Jahr
Anlagen-Output: ca. 34.000 m³/Jahr entspricht ca. 40.000 to/Jahr (Maissilage wiegt 700 kg/m³)

Erntefahrzeug/Schleppschlauch/Faßwagen/Gärrestausbringung wird im Durchschnitt mit 20 to pro Fahrzeug angenommen (ein 40 m³-Erntewagen fasst max. 28 to): 80.000 to/Jahr : 20 to/Fahrt = ca. 4.000 Fahrten pro Jahr – GESAMTES GEBIET  davon max. 60 ha in Roßdorf unter Vertrag x 50 to Mais/Hektar = 3.000 to/Jahr
3.000 to/Jahr : 20 to/Fahrt = ca. 150 Fahrten pro Jahr – NUR ROSSDORF

Da die 150 Fahrten in Roßdorf ohnehin anfallen, beträgt die Verkehrszunahme in der Gemarkung Roßdorf: 4.000 Fahrten ./. 150 Fahrten = ca. 3.850 Mehrfahrten

 3.2 Straßenschäden und -verschmutzung
Zu welchen Zerstörungen an Feldwegen und Zufahrtsstraßen die eklatante Zunahme des landwirtschaftlichen Verkehrs führt, kann man in Nidderau-Ostheim vor der dortigen „Mini-Biogasanlage“ besichtigen – die Wirtschaftswege sind in üblem Zustand, obwohl nur 2 Anlieferer andienen, in Roßdorf sollen es erheblich mehr Anlieferer werden!   An die im Anlieferungs- und Reststoffausbringungsgebiet liegenden Kommunen sollte der Anlagenbetreiber eine Konzessionsabgabe oder Sicherheit für entstehende Straßenschäden hinterlegen.  Die Anwohner der Hanauer Straße (Ortsdurchfahrt Roßdorf) haben vor wenigen Jahren den Rückbau selbiger teuer bezahlt, diese Straße wird zwangsweise, obwohl in den Erläuterungen zum B-Plan nicht dargestellt, die Hauptandienung aus südöstlicher Richtung. Schade drum!  Bezüglich der Verschmutzung der Anlieferungsstrecken mit Ernteresten, die sich bei Bremsvorgängen und Wegeunebenheiten nie vermeiden lassen, sollte mit der Stadt ein Straßenreinigungsvertrag abgeschlossen werden, der v. a. in der Bau- und Erntezeit die arbeitstägige Reinigung aller Zufahrtswege, auch der B 45 und der Ortsdurchfahrten in Roßdorf, sicherstellt. 

3.3 Verkehrsgefährdung
Die unter 3.1 überschlägig ermittelte Verkehrszunahme in der Gemarkung Roßdorf führt zu unnötigen Verkehrsgefährdungen und –belästigungen, v. a. im Bereich des stark genutzten Regionalparks Hohe Straße und des Vulkanradweges.

Schon jetzt ist die Verkehrssicherheit auf den hiesigen Wirtschaftswegen nicht immer gewährleistet. Die Regelbreite von 3,0 m ist zu schmal für Begegnungsverkehr, was bei dem bereits vorhandenen Individualverkehr häufig zu brenzligen Situationen führt.

Die Sicherheits- und auch die Immissionslage für Spaziergänger wird sich dramatisch verschlechtern. 

4. Naherholung Regionalparks und Radwege 
Die unter Punkt 3 dargestellte Verkehrszunahme und ihre Folgen bezüglich Straßenschäden und –verunreinigung führt zu einer massiven Reduzierung des Freizeitwertes der Hohen Straße und des Vulkanradweges und zu einer Beeinträchtigung des Schutzgutes „Mensch“, weil eine wesentliche Zunahme der Verkehrsgefährdungen und –belästigungen vorliegt. 

5. Katastrophenschutz: Erosionsschäden durch Maisanbau
Nicht nur im Main-Kinzig-Kreis häufen sich Schadensfälle durch sintflutartige Schlammabgänge im Bereich von Maiskulturen, die sich oberhalb bebauter Ortslagen befinden. Jüngstes Beispiel ist Hammersbach (15.05.2009), weitere Schadensfälle sind bekannt.  

6. Naturschutz
Hier liegt wegen fehlender Darstellung offenkundig ein Abwägungsmangel vor, zumal sich der Erläuterungsbericht nur mit dem Bebauungsplangebiet selbst befasst. Landschaftspflegerischer Begleitplan, ein etwas detaillierter Umweltbericht sowie ein eventuell nötiger artenschutzrechtlicher Fachbeitrag sollten nachgereicht werden. 

Wir bitten daher, die Planungen wegen erheblicher Beeinträchtigungen an diesem Standort einzustellen und regen an, für die Ansiedlung einer an sich begrüßenswerten Biogasanlage einen alternativen Standort zu finden, bei dem weniger Konflikte entstehen. 


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